Kiel
geht
baden

Kiel unter Wasser

Von Jessie Sperling

Der Hiroshimapark im März 2022. Im Hintergrund sind der Kleine Kiel sowie das Rathaus von Kiel zu sehen. © Jessie Sperling.

Der Klimawandel bedroht Küstenstädte auf der ganzen Welt – und auch Kiel ist betroffen. Bedingt durch das Abschmelzen der Gletscher und das teilweise absinkende Land steigt der Meeresspiegel nach Prognosen des IPCC bis 2100 um rund 84 Zentimeter an. Eine der Folgen ist die Zunahme von Extremwettern wie Sturmfluten.

Simulationen der Stadt Kiel zeigen, dass ohne Schutzmaßnahmen bereits ab einem Wasserstand von 2 Metern über Normalnull überflutungsgefährdete Gebiete unter Wasser stehen, darunter auch der Hiroshimapark neben dem Kieler Rathaus. Könnte ganz Kiel in Zukunft baden gehen?

1872 traf Kiel die bisher schwerste Sturmflut. Das Wasser stand teilweise bis zu 3,3 Meter über Normalnull (NN). Auch in den Jahren 1904, 1962 und 1972 stieg der Wasserstand in Kiel und Umgebung durch Extremwetter stark an und verursachte große Schäden. Zuletzt erreichte der Wert 2019 anderthalb Meter über NN und überflutete die Kiellinie, die Seebadeanstalt und Teile der Kieler Innenstadt. Durch Brackgewässer wie den Kleinen Kiel werden auch inländische Gebiete Risikobereiche für Überflutungen. Hierzu zählen in Kiel vor allem die Parks um den Kleinen Kiel und die Region um den Bootshafen.

Sturmflut im Dezember 1904. © Stadtarchiv Kiel, 1.3 – Postkartensammlung, Sig.: 75.210, Fotografie von Wilhelm Jacobsen. (CC BY-SA 3.0 DE)

Sturmfluten werden nicht nur durch den Klimawandel ausgelöst. Jedoch sorgt der weltweit zunehmend schneller ansteigende Meeresspiegel dafür, dass Orkane und Stürme mehr Feuchtigkeit aufnehmen können. Dadurch werden sie stärker und verursachen immer häufiger schwere Sturmfluten. Das Hochwasserrisiko steigt, somit ist ein umfangreiches Küstenzonenmanagement notwendig. In Kiel wurden bereits Schutzmaßnahmen wie ein 1,4 Kilometer Langer Landesschutzdeich und Spundwände an Hafen- und Kaianlangen errichtet. Fachleuten zufolge sind diese aber nicht ausreichend.

Überschwemmung im Ratsdienergarten 1972 auf der anderen Seite des Kleinen Kiels. © Stadtarchiv Kiel 54.127 Fotografie von Friedrich Magnussen.

Gegen die mangelnden klimapolitischen Maßnahmen gibt es weltweite Proteste. Seit 2019 hat die soziale Bewegung Fridays for Future besondere Bekanntheit erlangt. Sie demonstriert für mehr Klimagerechtigkeit und ist auch in vielen Städten Deutschlands aktiv. In Kiel fordern sie eine nachhaltige Stadtentwicklung. Auch die regionalen Universitäten forschen zu den Auswirkungen des Meeresspiegelanstiegs und präsentieren alarmierende Ergebnisse. Den Akteur*innen ist es zwar gelungen, den Klimawandel in das globale Bewusstsein zu rücken, jedoch konnten sie bislang keine großen politischen Erfolge vermessen.

Fest steht, dass der Anstieg des Meeresspiegels Kiel zukünftig verändern wird. Es werden sich die Grenzen zwischen Land und Wasser in Kiel verschieben und auch die aktuellen Bademöglichkeiten verändern. Vor allem muss sich zwischen den zweiHandlungsoptionen entschieden werden: Die Erste ist die Evakuierung und Räumung risikogefährdeter Orte. Die alternative Option ist die Anpassung von Gebäuden und Infrastruktur. Hier könnte Venedig als Vorbild fungieren: Bei Hochwasser werden Fußwege der Stadt auf Stege angehoben – eine Maßnahme, die auch im Hiroshimapark angewendet werden könnte.